Navigation

Inhalt

Kino Panorama

49.7891650N, 18.1318317E

kino

Das als Haus des Arbeiters im Jahr 1932 erbaute Gebäude dient heute für gesellschaftliche Veranstaltungen und hauptsächlich als Kino namens Panorama.

Seit der Gründung der Arbeitervereine lag das Augenmerk der Mitglieder auf der Vorstellung und Idee vom eigenen Sitz in Form eines Hauses des Arbeiters in Klimkovice. Doch auf die Umsetzung mussten sie mehrere Jahrzehnte warten. Bis dahin fanden die Treffen vorwiegend in gemieteten Räumen, meist im städtischen Hotel (Haus Nr. 66, 67) im oberen Teil des altehrwürdigen „Klimkovicer Marktes“ statt. Die öffentlichen Turnstunden des Arbeiterturnvereins wurden im Saal des Wirtshauses „Na špici“ (später zum Kulturhaus umgebaut) oder in der Natur unter freiem Himmel veranstaltet. 1932 wurde endlich der Bau des Hauses des Arbeiters auf einer Erhebung im Stadtteil namens „Fifejdy“ fertiggestellt, was dem hohen persönlichen Einsatz der Mitglieder des Arbeiterturnvereins und der Sozialdemokratischen Partei in der Stadt zu verdanken war, die Tausende von Stunden im Rahmen ehrenamtlicher Arbeiten geleistet hatten. Die Arbeitervereine in Klimkovice hatten endlich ihren ersehnten eigenen Sitz. Das Gebäude ist eng mit der Geschichte der Arbeitervereine in der Ära der Ersten Republik verbunden. Erwähnenswert sind auch einige der Eckdaten zur Entstehung dieser Bewegung und der Gründung der Arbeitervereine in der Stadt.

Entstehung der Arbeiterturnvereine:  In den letzten drei Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts begann im Zuge der Gründung von Industriebetrieben in Ostrava und Umgebung auch die Entwicklung organisierter Arbeitervereine, wie dem auch an unzähligen anderen Orten mit wachsender Industrialisierung der Fall war. Das war auch die Geburtsstunde der Sozialdemokratischen Partei Österreichs mit ihrem autonomen Zweig, der Sozialdemokratischen Partei der Tschechoslowakei. Parallel dazu entstanden unterstützende Vereine, die vorwiegend genossenschaftlich organisiert waren und der Bildung, Leibeserziehung sowie zu gesellschaftlichen und kulturellen Zwecken dienten. Der erste Verein in Klimkovice war der Verein katholischer Arbeiter (gegründet 1873) und dann folgte der am 26. Dezember 1906 gegründete Bildungsverein der Arbeiter „Pokrok“. Innerhalb dieser Vereine wurden schrittweise (nach Vorbild der damals bereits sehr erfolgreichen Sokol-Turnvereine) die unabhängigen Turngemeinschaften gebildet. Der Hauptgrund für die Separation der Arbeiter in Vereinen war die Ablehnung der Politik der tschechischen Bourgeoisie-Parteien durch die sozialdemokratischen Abgeordneten, die im Reichsrat die tschechischen Interessen vertraten. Dies führte zu enormen Meinungsverschiedenheiten und stieß auf enorme Ablehnung in der damaligen tschechischen Gesellschaft. Gegen die Ansichten der Sozialdemokraten stellte sich auch der Sokol-Turnverein, der die Meinung der Arbeitervertreter sogar als Hochverrat der tschechischen nationalen Sache erachtete. Und deshalb verließen nach 1897 zahlreiche Mitglieder den Sokol-Turnverein, die mit den tschechischen Sozialdemokraten sympathisierten oder der Partei beigetreten waren. Kurz darauf wurden in Böhmen und später auch in Mähren die ersten Arbeiterturnvereine (DTJ) gegründet, wobei der allererste „Mutter-Verein“ am 22. August 1897 in der Typografická beseda in Prag entstand. Bei der historisch I. Versammlung des DTJ im Jahr 1903 wurde die sog. Union der Arbeiterturnvereine (SDTJ) zur gesamtstaatlichen Dachorganisation der im Entstehen begriffenen Arbeitervereine ernannt. Zum Vorsitzenden wurde František Hummelhans gewählt. Die Union veranstaltete öffentliche Turnstunden nach dem Vorbild des Sokol-Vereins und präsentierte sich mit Turnvorführungen in der Öffentlichkeit. Es wurden die von Miroslav Tyrš empfohlenen Leibesübungen geturnt. Sport als solches wurde in den Arbeiterturnvereinen abgelehnt, jedoch Spiele und Gruppengymnastik wurden empfohlen. Der Arbeiter-Bildungsverein Pokrok verfolgte zielstrebig sein Ziel, ausreichend viele junge Menschen zu rekrutieren und gründete deshalb einen eigenen Turnverein. 1912 wurde daher im Rahmen dieses Vereins ein autonomer, lokaler Arbeiterturnverein (DTJ Klimkovice) gegründet. Diesem traten auch ehemalige Sokol-Mitglieder aus Reihen der vornehmlichen jungen Arbeiter bei, die sich auf bedeutende Weise an der Entwicklung der Turn-, gesellschaftlichen und kulturellen Aktivitäten in unserer Stadt beteiligten. In der zweiten Hälfte der 1920er Jahre erlebte auch das Laientheater einen Aufschwung, als im Rahmen des DTJ die sehr erfolgreiche Theaterszene gegründet wurde, die den beiden länger bestehenden Laientheatern in der Stadt konkurrieren konnte. (TJ Sokol, Jednota Orla)

 

Meilensteine in der Geschichte des Hauses des Arbeiters in Klimkovice

- 1932: auf Initiative der Mitglieder und Gönner des DTJ und mit voller finanzieller Unterstützung sowie Garantie wurde 1932 der Bau des neuen Gebäudes fertiggestellt. Der Bau wurde nach den Plänen des hiesigen Baumeisters Ing. Pavel Dubina (*1888) ausgeführt. Das Gebäude stand in Besitz der Sozialdemokratischen Partei und des Arbeiterturnvereins Klimkovice und diente der Vereinstätigkeit der Arbeitervereine in der Stadt. Im Inneren befanden sich ein Saal mit Bühne, Klubräume und ein Restaurant. Im Saal fanden gesellschaftliche und kulturelle Veranstaltungen statt, weiter gab es eine Theaterbühne und einen Raum für die Turnstunden des DTJ.

 

- 1938 bis 1945: während der deutschen Okkupation und im Zweiten Weltkrieg wurden alle Organisationen, Vereine und Parteien in der Stadt aufgelöst und deren Tätigkeit seitens der deutschen Verwaltung verboten. Natürlich stellte der Arbeiterturnverein keine Ausnahme dar. In dieser Zeit diente das Gebäude nicht seinem Zweck. Es wurde in „Turnhalle“ umbenannt und die Nutzung stand unter der Kontrolle der deutschen Verwaltung.

- 1945 bis 1948: nach dem Ende des Krieges 1945 erfolgt die schnelle Wiederaufnahme der Tätigkeit des Arbeiterturnvereins in Klimkovice. Das Haus des Arbeiters, das vom Arbeiterturnverein verwaltet wird, dient wieder seinem ursprünglichen Zweck. Im Saal finden wieder Aufführungen des Laientheaters, Turnstunden aller Einheiten des DTJ sowie weitere Veranstaltungen statt. Mit den Finanzmitteln, die Klimkovice nach dem Krieg von der Hauptstadt Prag erhielt, wurden für das Haus des Arbeiters neue Tische und Stühle angeschafft.

- nach 1948: nach dem politischen Umbruch im Februar 1948 wird der DTJ aufgelöst und durch die gesamtstaatliche „einheitliche Turnunion“ ersetzt. Die Turn- und Sportaktivitäten samt dem Inventar werden auf die Turnunion (TJ) Sokol Klimkovice übertragen, den einzigen Turnverein der Stadt.

- 1952: Die Stadtverwaltung beschließt den Umbau des Hauses des Arbeiters zum Kulturhaus. Doch das Vorhaben wurde in den kommenden Jahren nicht umgesetzt. Das Gebäude inklusive Grundstück wurde aus dem Vermögen der Stadt auf die neu gegründete Bezirksniederlassung des Kulturvereins „Osvětová beseda“ übertragen. Doch das Gebäude blieb mehrere Jahre lang ungenutzt. In der zweiten Hälfte der 1950er Jahre fiel jedoch der Beschluss, das Gebäude zu einem Panorama-Kino umzubauen, da die Filmvorführung im hiesigen Sokol-Turnsaal (das seit 1924 betriebene Kino Světozor) technisch und betrieblich veraltet war. Am Umbau des Hauses des Arbeiters war auch der aus Klimkovice stammende Radim Ulmann beteiligt, der hinter dem Entwurf des Interieurs des neuen Kinosaals stand. Die Sanierungs- und Umbauarbeiten wurde Ende 1958 abgeschlossen. Die feierliche Eröffnung des neuen Kinos namens „Panorama“ fand am 23. Dezember 1958 statt. Das Kino war mit modernem Projektortechnik mit Weitwinkel-Objektiv ausgestattet (nach dem Kino Vesmír in Ostrava das zweite in der Region mit dieser Technik).

- 14. März 1961: das Gebäude erleidet schwere Schäden. Nach den kürzlich durchgeführten Sanierungsarbeiten stürzt ein Teil der Außenwand auf der Nordseite, in Richtung der heutigen Straße Palackého, ein. Die Reparaturarbeiten wurden sehr rasch, noch im Laufe desselben Jahres durchgeführt. Es musste jedoch der Zuschauerraum um die erste Sitzreihe verkleinert werden, was die Kapazität des Kinos verkleinerte (auf nur noch 18 Sitzreihen). Außerdem wurde die Bühne hinter der Leinwand saniert.

- 1971: das Gebäude wird mit einem Heizkessel für feste Brennstoffe und einer Zentralheizung ausgestattet. (Im Jahr 2000 wurde ein neuer Gaskessel installiert und der Raum saniert.) Die Kosten wurden von der Stadt getragen.

- 1980: der Kinosaal wurde saniert, dabei wurden die akustische Wandverkleidung und die Sitze ausgetauscht.

- 1989: Beginn der ersten Etappe der Modernisierung der Projektoren in der Kabine. Die technisch veralteten Modelle wurde durch neue Projektoren der MEO-Reihe mit Gleichrichter ersetzt. Weiter wurde ein neuer, moderner Diaprojektor gekauft. Die zweite Etappe der Modernisierung wurde erst 2003 durch Austausch der Auf- und Abwickeltechnik abgeschlossen.

- 1995: das Dach und die Fassade werden saniert und die neue Aufschrift „KINO“ an der Frontseite über dem Eingang aufgehängt. Im hinteren Bereich wurden die Räume im Erdgeschoss mit Schaffung eines eigenen Eingangs zum DTJ-Klubraum umgewandelt.  Dieser Raum ist seit 1994 der Hauptsitz des wiederbelebten Arbeiterturnvereins (DTJ) in Klimkovice.

- 2006: Das Gebäude wurde umfassend saniert, wobei auch die Sanitäranlagen modernisiert wurden.

Aktuell ist die Stadt Klimkovice für den Betrieb des Kinos und des ganzen Gebäudes zuständig, die dieses seit 1994 wieder samt dem Grundstück in ihrem Besitz hält, da in diesem Jahr die einheitlichen Kulturvereine (JKS), die in der Vorjahren die Aufgaben der Kulturorganisation Osvětová beseda übernommen hatten, aufgelöst wurden. Neben dem Kinosaal und weiteren Technik- und Nebenräumen befinden sich im Souterrain Räumlichkeiten, die aktuell vom Arbeiterturnverein Klimkovice genutzt werden. Wobei das Souterrain auch die Wohnung des Hauswarts beherbergt. Der ganzjährige Betrieb des gesamten Gebäudes wird ganz aus dem Haushalt der Stadt Klimkovice gedeckt.                                   

 

Quellen und Literatur: 

Mit Maschine geschriebenen Aufzeichnungen von Adolf Výtisk – dem ehemaligen Chronist der Stadt

Antonín Hub: Klimkovice (1994), Erinnerungen von Zeitzeugen

 

Klimkovice, September 2008

Erstellt von: Ing. Jiří Pillich, Chronist der Stadt