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Dampfbahn Klimkovice - Svinov (8. 12. 1911 – 1. 1. 1978)
49.7835681N, 18.1364261E
Die ersten Pläne und Entwürfe für den Bau einer lokalen Bahnstrecke, die einen Anschluss an die staatliche Eisenbahn und die Industriebetriebe der schnell wachsenden Stadt Moravská Ostrava ermöglichen würde, entstanden in Klimkovice und einer Reihe weiterer Gemeinen und Städte in Nordmähren und Schlesien bereits ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine großzügige Lösung wäre der Bau eine Dampfbahn von Opava, der Metropole Oberschlesiens, bis in das slowakische Trenčín gewesen. Doch die Pläne mussten 1873 nach dem großen Krach an der Wiener Börse aufgegeben werden. Und wahrscheinlich erblickten zum damaligen Zeitpunkt realistischer angesetzte Pläne für den Bau kürzerer, regionaler (lokaler) Bahnstrecken das Licht der Welt, die an die damals neu gebaute Kaiser-Ferdinands-Nordbahn anschließen würden. Und dazu gehörte auch die lokale Strecke von Svinov nach Klimkovice. Diese ermöglichte außerdem eine günstige und schnelle Verkehrsanbindung der Bewohner von Klimkovice, überwiegend aus den Ortsteilen Polanka nad Odrou und Svinov, mit der wachsenden Industriestadt Moravská Ostrava. Wie es sich später in der Praxis bestätigte, handelte es sich auch um die vernünftigste und weitsichtigste sowie um eine technisch voll umsetzbare Lösung.
Ein leidenschaftlicher Verfechter und der Vorreiter im Bereich des Eisenbahnbaus zwischen Svinov und Klimkovice war der bereits erwähnte Dr. med. Jan Moravec, der zusammen mit seinen Mitarbeitern nach mehrjähriger Aufklärungsarbeit und mit mächtiger Unterstützung seitens der nationalistisch denkenden Arbeiter bei den Gemeinderatswahlen 1895 die erforderliche Stimmenzahl erhielt und zum Bürgermeister der Stadt Klimkovice ernannt wurde. Er setzte unter anderem die Bedürfnisse der Stadt durch und nahm bald die Vorbereitung des Eisenbahnbaus auf, was er für die weitere Entwicklung der Stadt aufgrund der absolut unzureichenden Verkehrsanbindung zur Außenwelt als die größte Priorität erachtete. Leider starb er im Jahr 1900 an Tuberkulose, der sog. „Krankheit des Proletariats“. Die positive Wende bei der Projektvorbereitung und der Möglichkeit des Beginns des Eisenbahnbaus kam erst einige Jahre später im Jahr 1907, als der Stadtrat in Klimkovice aus Mitgliedern bestand, die die Eisenbahnstrecke als ihre persönlich wichtigste Aufgabe betrachteten. Es drohte nämlich, dass die Stadt aufgrund der fehlenden modernen Verkehrsanbindung ihre bisherige verwaltungstechnische und wirtschaftliche Bedeutung verlieren würde (Sitz des Bezirksgerichts, Finanzamts, wichtiger Handwerksbetriebe, Geschäfte und Märkte). Auch deshalb wurde am 9. Mai 1907 ein Gremium für den Eisenbahnbau ernannt. Für die aktive Unterstützung der neuen Verkehrsanbindung engagierten sich in erster Linie der hiesige Tierarzt und spätere Bürgermeister von Klimkovice – Dr. med. vet. Rudolf Resner und der Direktor der hiesigen Volksschule Josef Hradil. R. Resner verfasste ein mehrseitiges Dokument mit dem Ziel, die Landes- und Staatsbehörden und die breite Öffentlichkeit von der allgemeinen Bedeutung und der Notwendigkeit der lokalen Eisenbahn nach Klimkovice von Svinov über Polanka nad Odrou zu überzeugen und die Unterstützung seitens der Bewohner beider Gemeinden zu erhalten. Der geplante Eisenbahnbau fand insbesondere in der benachbarten Gemeinde Polanka nad Odrou großen Anklang und Unterstützung. Danach wurde zusammen der Beginn der Bauarbeiten für den Juni 1908 festgelegt, jedoch erst ein halbes Jahr später tatsächlich umgesetzt. Nach den Vorbereitungsarbeiten wurde mit dem eigentlichen Bau im Jahr 1910 das Unternehmen von Dr. Ing. A. Samohrd aus Brünn für den Gesamtpreis von 1.033.691,- Kronen der alten österreichischen Währung beauftragt. Zwecks der Finanzierung des Baus wurde eine Aktiengesellschaft gegründet, die aus Aktionären der drei beteiligten Gemeinden (Klimkovice, Polanka, Svinov) bestand. Die AG gab insgesamt 4.850 Aktien zum Nominalwert von 200,- Kronen pro Wertpapier aus. Der restliche Betrag von 91.300,- Kronen wurde vom Land Schlesien beigesteuert. Klimkovice bat die österreichische Regierung um finanzielle Beteiligung, doch die lehnte die Mitfinanzierung der Eisenbahnstrecke ab, weshalb der Bau nur mit Hilfe kleinerer Aktionäre umgesetzt werden musste. Die Bauarbeiten konnten somit erst im Dezember 1910 voll aufgenommen werden und nicht ganz ein Jahr später, im November 1911, wurde die Bahnstrecke mit normaler Spurweite und 7.360 m Länge von Svinov nach Klimkovice fertiggestellt. Am 8. Dezember 1911 fuhr pünktlich um 8 Uhr früh vom Bahnhof in Klimkovice unter den Jubelrufen der Bevölkerung die historisch erste, festlich geschmückte Dampfbahn in Richtung Polanka nad Odrou und weiter nach Svinov ab. Der Traum mehrerer Generationen der Bewohner nicht nur unserer Stadt, sondern auch zweier weiterer Gemeinden wurde an diesem Tag zu einem wichtigen historischen Ereignis. Endlich hatte Klimkovice auch eine Eisenbahnverbindung zur Außenwelt!!!
Wichtige Meilensteine der Lokalbahn Svinov – Klimkovice im Laufe ihres Bestehens:
08.12.1911
Festliche Inbetriebnahme. Zunächst verkehrten täglich fünf Zugpaare von Svinov nach Klimkovice und zurück mit zwei eigenen Dampflokomotiven, fünf Waggons für Passagiere, einem Dienstwaggon, vier Frachtwaggons und zwei Hilfsfahrwagen unterschiedlicher Typen zweiter und dritter Klasse. Das Fahrgeld kostete 20, 30 und 40 Heller. Ab 01.05.1912 wurde um eine weitere (sechste) Zugverbindung aufgestockt (immer mittwochs, freitags, sonntags und an Feiertagen). Den Betrieb der Lokalbahn in der Verwaltung der Gemeinde Klimkovice übernahm bis zum Zerfall der Monarchie 1918 die Österreichische Staatseisenbahn mit Sitz in Wien.
23.03.1914
Nach drei Jahren Betrieb erhielt Klimkovice vom Eisenbahnministerium in Wien die Konzessionsurkunde. Die Gemeinde wurde so zum Konzessionär der Lokalbahn.
28.10.1918
Nach der Gründung der selbständigen Tschechoslowakei wurde die Lokalbahn von den Tschechoslowakischen Staatsbahnen (ČSD), weiterhin auf Kosten des Eigentümers, übernommen. Zu diesen Zeitpunkt war bereits Tschechisch die Amtssprache im Bahnbetrieb.
1921
Ab 1921 verzeichnete die Bahn ein finanzielles Defizit. Deshalb wollte die Stadt Klimkovice die defizitäre Bahn verkaufen. Doch die Meinung darüber wich in Svinov und Polanka sehr ab.
1924
Die Aktiengesellschaft der hiesigen Lokalbahn nahm mit dem Betreiber der Lokalbahn in Moravská Ostrava Verhandlungen bezüglich des Erwerbs der Bahn für 2,5 Mio. tschechoslowakische Kronen auf.
05.11.1925
Die finale Entscheidung fiel und die Konzession für den Betrieb wurde auf die Gesellschaft der mährischen Lokalbahnen (SMMD) übertragen, die sich im Besitz der Stadt Moravská Ostrava befand und Straßenbahnen auf einer Lokalbahn in der Stadt betrieb. Damals lebte wieder die Idee auf, die Lokalbahn von Klimkovice bis nach Bílovec zu verlängern. SMMD verpflichtete sich mit dem Kauf, der Gesellschaft ČSD den Verlust in Höhe von zwei Millionen Kronen und der Gemeinde Klimkovice als dem ehemaligen Konzessionär eine halbe Million Kronen auszuzahlen. (Von diesem Betrag wurden den kleinen Aktionären 70 % vom Wert ihrer Aktien ausbezahlt). Ab November 1925 wurde die Strecke schrittweise an das Stromnetz sowie an die Straßenbahn-Strecke in Ostrava angeschlossen.
16.05.1926
Die Bahnstrecke Svinov – Klimkovice wurde an das Stromnetz angeschlossen. Den regelmäßigen Betrieb nahm die Straßenbahn mit Abfahrt um 10:47 Uhr von der Endstation Moravská Ostrava auf (heute an der Miloš-Sýkora-Brücke). Zeitgleich fuhr eine Straßenbahn von Svinov in Richtung Klimkovice ab. (Darin fuhren nur die allgemeinen und staatlichen Vertreter und geladene Gäste, die an der Inbetriebnahme und dem Festakt in der Sokol-Turnhalle teilnahmen). Nach dem Elektrifizieren der Strecke mussten kleinere und größere bauliche Anpassungen vorgenommen werden, die für die SMMD Kosten in Höhe von 1.664.000,- tschechoslowakischen Kronen bedeuteten. Auf der Strecke verkehrte die Linie „K“ (Klimkovice) in 40-minütigen Intervallen. Zu den vier Haltestellen kamen nach dem Elektrifizieren weitere dazu, und zwar Svinov-mlýn, Přemyšov und Václavovice.
1938-1945
Die Besatzung durch Nazideutschland entwickelte sich zum Nachteil der Lokalbahn. Da die gesamte Strecke in den Sudeten verlief, erfolgte der Betrieb rein nach deutschen Vorschriften. Die Straßenbahnen hatten in Richtung von Ostrava kommend ihre Endstation in Nová Ves, dann musste man aussteigen und die Brücke über die Oder mit der Zollstation zu Fuß passieren. Auf dem Abschnitt von der Brücke nach Svinov fuhr ab 1939 die sog. „Pendel-Straßenbahn“. Von hier fuhr ca. alle fünfzig Minuten eine Straßenbahn nach Klimkovice (die Fahrtdauer von ca. 22 min blieb unverändert). Diese Verbindung bis nach Ostrava bestand bis 1953 (bis auf Unterbrechungen im Krieg und in der Nachkriegszeit), ab dann endete die Strecke ab Klimkovice definitiv in Svinov und die Reisenden mussten umsteigen. Während der Gesamtdauer des Betriebs bis 1972 diente die Strecke auch für den Gütertransport.
1947
Im Januar 1947 wurde auf der Hauptversammlung der SMMD entschieden, die eigene Gesellschaft aufzulösen und das Vermögen auf die Stadt Ostrava zu übertragen. Im August 1947 wurden die Linien neu nummeriert und die Linie nach Klimkovice hieß nicht mehr „K“, sondern Nr. 5. Die Nachkriegszeit brachte 1946 auch das neue vom Nationalausschuss Klimkovice vorgelegte Vorhaben die Straßenbahnstrecke von Klimkovice weiter bis nach Hradec nad Moravicí zu verlängern, dem sich damals 15 Gemeinden anschlossen. Doch das Projekte wurde aus technischen und finanziellen Gründen nicht umgesetzt.
01.04.1952
Auf der Strecke wird ein dreißigminütiges Intervall mit dem Kreuzen der Straßenbahnzüge an der neuen Weiche in Polanka – Zámecká eingeführt.
01.03.1958
Die Verkehrsbetriebe DP Ostrava (als Nachfolgegesellschaft der SMMD) ändern die Nummerierung der Linien. Die Linie nach Klimkovice ist nun die Nr. 12, und die alte Nr. 5 fährt ab jetzt nach Kyjovice.
1963 bis 1967
Ab 1. Juli 1963 verkehren die motorisierten Waggons ohne Schaffner, und ab 1. Juli 1967 wurde die Linie nach Klimkovice zur Nr. 6.
1970 – 1972
Die Strecke nach Klimkovice stand auch mit der Geschichte der Gütertransporte in Ostrava in Verbindung. Nach Beendigung des Gütertransports von Svinov nach Kyjovice im Jahr 1970 blieb die Lokalbahn Klimkovice die einzige in ganz Ostrava, wo noch Güter transportiert wurden. Doch auch nur bis 31. Januar 1972, dann wurde der Gütertransport auch hier eingestellt. Damit wurde nach 78 Jahren der Güterverkehr im städtischen Straßenbahnnetz in der Stadt Ostrava beendet.
1974
Die Strecke bekam die neue Haltestelle „Oderský důl“ (diese diente für die Bergleute im neu erschlossenen Bergwerk).
1977 bis 1978
1977 war ein Schicksalsjahr für die Lokalbahn Klimkovice. Am 25.11. 1977 gab der Nordmährische Nationalausschuss seinen Bescheid über die Stilllegung der Straßenbahn-Strecke Svinov – Klimkovice zum 31.12.1977 heraus. Doch der letzte Betriebstag war eigentlich erst der Neujahrstag 1978, als der Wagen Nr. 46 noch frühmorgens auf der Strecke fuhr. Die tatsächliche letzte Verbindung fuhr von Klimkovice nach Svinov am 1. Januar 1978 um 03:32 Uhr ab. Und da es sich um den historisch letzten Anschluss handelte, wurde im Bereich der Gleise an der Haltestelle Přemyšov ein Lagerfeuer entzündet und auf die Gleise ein Baumstamm gelegt, um die Stilllegung dieser alten Lokalbahn symbolisch zu „verhindern“. Bevor die Straßenbahn ihre nächtliche Fahrt in die Endstation Svinov fortsetzte, wurde von den anwesenden Menschen zum Abschied von der so beliebten „Lokalbahn Klimkovice“ ein Gedicht mit mehreren Strophen vorgetragen. Denn die Bahn hatte im zwanzigsten Jahrhundert mehr als 66 Jahre lang den Menschen gedient.
Quellen:
Josef Cvik und Koll.: - 70 Jahre öffentliche Verkehrsmittel in der Region Ostrava, DPMO 1964
Jan Dvořák: - 100 Jahre öffentliche Verkehrsmittel in Ostrava, DPMO 1994
Autorenkollektiv: - 100 Jahre elektrische Straßenbahn in Ostrava, DPMO 2001
Antonín Hub: - Klimkovice, Stadtamt Klimkovice 1994
Infoblatt der DPO a.s. Nr. 1/2008
Bemerkungen und Handschriften von Libor Hynčic und Mitgliedern des Klubs für Geschichte der Verkehrsbetriebe DP Ostrava, 2006
Erstellt von: Ing. Jiří Pillich, Chronist der Stadt Klimkovice, November 2011